(Vinnenberg )Da passte einfach alles: Stückeauswahl, Chorgesang
und Austragungsort: Das Adventskonzert des Westfälischen Kammerchores in
Vinnenberg war voller Höhepunkte und stimmte gut auf die Weihnachtszeit
ein.
Foto: Schlosser
Ein echter Hörgenuss war jetzt das Adventskonzert des Westfälischen
Kammerchores in Vinneberg. Gleich zu Anfang überraschte der Chor mit der
nur selten aufgeführten, groß angelegten Choralmotette über das bekannte
Kirchenlied „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ des jüngsten Sohnes des
großen Thomaskantors Johann Sebastian Bach, Johann Christoph Friedrich
Bach (1732-1795), des sogenannten „Bückeburger“ Bachs. Dessen
beachtliches kompositorisches Talent stand lange unverdientermaßen im
Schatten seiner großen Brüder Carl Philipp Emanuel („Hamburger“) und
Johann Christian („Londoner“).
Auf den Text des mutigen Kämpfers gegen den Hexenwahn, Friedrich von
Spee, der mit „O Heiland, reiß die Himmel auf“ die Adventshoffnung auf
dem Hintergrund der vielfältigen Nöte der Menschen zum Ausdruck brachte,
schrieb Johannes Brahms eine ausdrucksvolle Motette, in der sich die
Musik stark an den Text anlehnt – wie etwa in der Passage „Hier leiden
wir die größte Not, vor Augen steht der ewig Tod“ oder in dem
zuversichtlichen Ausblick am Ende: „Da wollen wir all danken dir“.
Anknüpfend an die wundersame Stiftungslegende des Klosters Vinnenberg
mit dem roten Faden auf dem Baumstamm und der Versöhnung zweier Brüder
führte der Chorleiter in die folgenden Marienlieder ein.
Quasi einen kleinen Querschnitt durch die großen Epochen der Musik boten
die auf Maria bezogenen Werke vom Altmeister Johann Eccard („Übers
Gebirg Maria ging“ – von der wunderbaren Begegnung Marias mit ihrer
gleichfalls schwangeren Cousine Elisabeth), über den Spätromantiker Max
Reger („Und unsrer lieben Frauen“) bis zu den Zeitgenossen Ansgar Kreutz
(unter anderem mit der Uraufführung seiner in diesem Jahr entstandenen
Vertonung des „Ave maris stella“) und Kurt Bikkembergs (geboren 1963),
dessen vielstimmiger Kanon „Ave“ von 1995 als Klanggemälde eindrucksvoll
und dabei doch ganz unaufdringlich interpretiert wurde. Hier standen die
Sänger weit auseinander und erzeugten so einen großartigen Raumklang,
ebenso wie mit dem „Ave virgo gratia plena“ eines unbekannten spanischen
Komponisten aus dem 16. Jahrhundert.
Sein besonderes Faible für die Mystik offenbarte Kreutz mit seiner
subtilen Vertonung eines Textes des Schweizer Mystikers Nikolaus von
Flüe (1417-1487), „Mein Herr und mein Gott“ (ebenfalls von 2016). Wie
der Komponist erläuterte, komme es in der Mystik darauf an, dass
Bethlehem „in uns“ Ereignis werde, Christus „in uns“ geboren werde. Dies
sei keine Flucht aus der Realität dieser Welt in die „Innerlichkeit“,
sondern ziele darauf ab, dass Christus in uns und durch uns dann auch in
der Welt Gestalt gewinne.
Mit den vier Weihnachtsmotetten von Francis Poulenc (1899-1963) kamen
die entscheidenden Stationen und Aspekte des Weihnachtsgeheimnisses (“O
Magnum mysterium“) zum Ausdruck, endend mit einem großartigen
„Halleluja!“
Mit Max Regers „O Jesulein süß“ und dem Chorsatz „Kommet ihr Hirten“ von
Karl Riedel (1827-1888) mit dem bedeutsam breit interpretierten „Nun
soll es werden Friede auf Erden“ klang das Konzert aus. Der Westfälische
Kammerchor war seinem hervorragenden Ruf einmal mehr voll gerecht
geworden. Nach zwei Zugaben (dem berühmten „Tochter Zion“ von Georg
Friedrich Händel sowie einem „Kadosch“ von Lonquich) wurde das
begeistert applaudierende Publikum entlassen.